Das geteilte Land – Erinnerungen 4

Erst zu Beginn der 80er Jahre haben wir bei unseren Behörden wieder einen Antrag auf Besuchserlaubnis in der DDR gestellt. Dieser wurde zu unserer Überraschung auch genehmigt. Uns selbst war das dann aber doch nicht geheuer, sodass wir die geplante Reise gar nicht ausführten.

Erst im folgenden Jahr entschlossen meine Frau und ich uns zu einer Einreise in die DDR. Unsere Kinder liessen wir aus Sicherheitsbedenken allerdings in Westdeutschland. 

Wir hatten ein wirklich flaues Gefühl beim Annähern an die berüchtigte und bereits geschilderte Schranke mit der roten Ampel. Unsere Reisepapiere hinterlegten wir auf dem Transportband zur Kontrolle. 

Es verstrich immer mehr Zeit, ohne dass Weiterfahrt möglich schien. Währenddessen machten wir uns schon unsere Gedanken, dass wir möglicherweise nun doch Probleme wegen der zurückliegenden Vorkommnisse bekämen. Nach einer 3/4 Stunde Wartezeit bekamen wir schliesslich ein grünes Licht zur Weiterfahrt bis zu dem Häuschen. Darin sass ein junger Grenzbeamter, der mich frage, ob es bei uns im Westen denn des Dienstgrad eines Inspektors bei der Polizei gebe. Als ich dies verneinte und darauf hinwies, dass dies in Österreich oder anderen europäischen Staaten zutreffen würde, drehte sich der Beamte um und öffnete eine in seinem Rücken befindliche Klappe. Dahinter sass ein weiterer Grenzbeamter, den er nun darüber informierte, dass er hiermit seine Wette gewonnen habe hinsichtlich der Frage des Inspektors in Westdeutschland!

Mir blieb die Spucke weg, was wir aus diesen banalen Gründen der Wette zuvor eine derartige Angst ausgestanden hatten. Uns wurde dann ganz problemlos die Einreise in die DDR erlaubt.

Auch unsere späteren Reisen verliefen alle ohne besondere Vorkommnisse.

Nach der Wiedervereinigung habe ich bei der gegründeten Stasiunterlagen-Behoerde im Bundesministerium nach Unterlagen zu meiner Person forschen lassen. Daraufhin wurde mir ein ganzes Aktenbündel von Kopien zugesandt, die in dem Gebäude der Stasi noch aufgefunden wurde. (Viele Unterlagen wurden direkt nach der Wende von der Stasi selbst vernichtet.) Es handelte sich um eine komplette Abklärung meiner Person sowie aller unser Kontaktpersonen in der ehemaligen DDR. Unsere schlimmsten Befürchtungen haben sich durch diese Papiere bestätigt. Es war eine lückenlose Aufklärung über unser Leben der vergangenen Jahre.

Weitere Aktenfunde ergaben dann noch, das bereits digital verarbeitetes Material über meine Person nicht mehr aufgefunden werden konnte. Es ist also zu vermuten, dass operative Massnahmen gegen mich und andere seitens der Stasi vorbereitet waren.

Ob und welches Auge man bei seinen Reisen durch die Welt dabei offen hält, ob man Herz und / oder Verstand einschaltet, ist eine Frage, die Jeder nur für sich selbst beantworten kann. In jedem Fall bietet Reisen die Chance auf einen erweiterten Blick auf die Wirklichkeit.

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