Ich habe erst kürzlich die Serie „Deutschland 83“ entdeckt. Es wird deutsche Geschichte in Zeiten des Kalten Krieges erzählt und gleichzeitig bedrückend gezeigt, wie Ideologien und Fanatismus Familien spalten und Menschen verändern.
Ich bin selbst Jahrgang 77 und westdeutscher Teil einer Familie, die auf die beiden Deutschlands verteilt war. Ich kann vieles aus dieser Fernsehserie nachempfinden. In meiner Kindheit reisten wir ein Mal pro Jahr in den Ferien zu unserer Verwandtschaft in die DDR. Diese Reisen haben ganz vielfältige Gefühle in mir hervorgerufen, auch wenn ich damals noch recht wenig von den politischen Zusammenhängen verstanden habe. Einerseits waren es wunderschöne Ferien in toller Natur mit netten, feierfreudigen Verwandten, andererseits war die Einreise jedes Mal ein fast traumatisches Erlebnis (ich empfehle jedem, der es nicht selbst erlebt hat einen Besuch des ehemaligen Grenzübergangs Marienborn) und auch im zwischenmenschlichen Kontakt erinnere ich mich an viele widersprüchliche Empfindungen, die ich als Kind nicht richtig einordnen konnte. An meinen Klamotten konnte jeder, auch jedes Kind, mir sofort ansehen, dass ich aus dem Westen kam, wodurch sofort eine Art Sonderstellung, ein Fremdsein entstand.
Beim Anschauen der „Serie Deutschland 83“ habe ich mir also die Frage gestellt, was meine Kinder ein Mal sagen werden, wenn sie diese Serie sehen. Aus der heutigen Sicht ist es schwer, sich vorzustellen, wie das Leben in einem geteiltem Deutschland ist. Es erscheint völlig unwirklich. Gottseidank!
Der Tag des Mauerfalls war ein Freudentag für meine Familie und mich, meine Mutter und ich haben Freudentränen vor dem Fernseher vergossen und noch heute bekomme ich eine Gänsehaut, wenn ich die Bilder davon sehe.
In einem Gespräch über Kriegstraumata mit dem Spiegel sagte der Psychoanalytiker Hartmut Radebold: „Eltern geben unbewusst Aufträge an ihre Kinder weiter. Setzt das Leben der Familien fort, macht es besser.“ Aus solch einem unbewusstem, unausgesprochenem Auftrag heraus möchte ich nun noch ein paar sehr individuelle und persönliche Kapitel aus meiner eigenen Kindheit – zunächst aus Sicht meines Vaters – erzählen.
Damit das Unwirkliche wirklich wird. Weil diese wenigen Anekdoten zeigen, was aus Krieg, Fanatismus und falscher Ideologie entsteht. Weil das alles noch nicht lange her ist. Weil unser Gedächtnis ein Kurzzeitgedächtnis ist.
Die Freiheit ist für den Menschen das höchste Gut.