Das geteilte Land – Erinnerungen 2

Ein Mal – wir hatten gerade die Grenze zur DDR überquert und befanden auf der Fahrt zu unserem Besuchsort – sah meine Frau eine kleine Postdienststelle in einem Ort und bat mich, rechts ranzufahren. Ich hatte zwar das Halteverbotsschild vor dem Postamt gesehen, glaubte aber, dieses für unseren Stop am Briefkasten kurz ignorieren zu können. Kaum war meine Frau aber aus dem Auto ausgestiegen, tauchte plötzlich ein Streifenwagen der Volkspolizei besetzt mit 3 Beamten auf und hielt vor mir. Ein älterer Beamter – offensichtlich der Streifenführer – stieg aus und verlangte meine Personal- und Fahrzeugpapiere.
Dabei erklärte er mir mein Fehlverhalten eindringlich aber in einem ruhigen, freundlichen Ton. Ich war positiv überrascht, da ich bis dato eher rauen Umgangston seitens der Volkspolizei gewohnt war.

Während seiner Ausführungen sah er immer wieder zum Streifenwagen, von wo aus seinebeiden Kollegen ihn beobachteten. Schliesslich beliess es der Beamte bei einer gebührenfreien mündlichen Belehrung. Ich war darüber total verblüfft, hatte ich doch ganz sicher mit einer Geldstrafe gerechnet.

Just in diesem Augenblick kam meine Frau aus dem Postamt und bekam die Worte des Beamten mit. Spontan wollte meine Frau dem „netten“ Beamten etwas Gutes tun und bot ihm eine Tafel Schokolade an!!! Der Polizist war mindestens so überrascht wie ich von diesem Angebot und reagierte mit der Frage, ob es denn bei uns im Westen so üblich wäre, der Polizei bei Verkehrsverstößen Schokolade anzubieten? Mir und meiner Tochter auf der Rückbank verschlug es direkt die Sprache. Nun realisierte auch meine liebe Frau, dass es ein unpassendes Angebot war und entschuldigte sich. Der Beamte winkte ab und forderte uns zur Weiterfahrt auf.

Dieses Erlebnis ist uns in lebhafter Erinnerung geblieben, zum Einen wegen meiner Frau, die immer wieder für eine Überraschung gut ist, zum Anderen aber vor allem weil dieses „menschliche“ Verhalten der Sicherheitsorgane der DDR einmalig war.

 

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