„Die Geschichte eines Lebens“ erzählt das Leben meiner Großmutter mütterlicherseits, die zu den Kollateralopfern des Zweiten Weltkriegs gehörte. Mein Großvater mütterlicherseits fiel an der Front, meine Mutter hat ihn nie kennengelernt.
Mein Großvater väterlicherseits verstarb, als ich drei war, meine Grossmutter folgte ihm recht rasch nach. Ich habe also sehr wenig Erinnerungen an diesen Großvater – und frage mich, welche Beziehung wir gehabt hätten, wenn ich ihn länger gekannt hätte.
Warum? Nun, weil er Mitglied der NSDAP war und deren Ideale verteidigte. Er war nicht in der Armee, er hat nicht im Krieg gekämpft, und doch war er ein Nazi!
Daher war die Beziehung zwischen meinem Vater und meinem Großvater sehr konfliktbehaftet und distanziert. Nach dem Ende des Krieges wurden mein Großvater und seine Familie in ihrer Kleinstadt geächtet. Es muss eine schwierige Kindheit für meinen Vater gewesen sein, zumal sein ältester Bruder in ganz jungem Alter in Russland gefallen ist. Sein Leichnam wurde nie gefunden.
Wenn ich als Teenager mit Freunden oder Mitschülern über die Nazizeit sprach, fiel mir auf, dass offenbar in keiner Familie Nationalsozialisten gewesen waren… Man kann sich nur wundern, woher all diese Männer sowie auch Frauen kamen, welche glühende Verteidiger der antisemitischen Ideologie waren!
Vielleicht hat sich dies in der Zwischenzeit geändert und die jüngeren Generationen können offener darüber reden – zumal es ja immer weniger lebende Zeitzeugen gibt. Ich kann verstehen, dass es schwierig ist zu bekennen, dass ein nahestehender Verwandter zu den Schrecken der Nazis beigetragen hat. Ich selbst bin nicht stolz auf die Überzeugungen dieses Großvaters.
Und doch erscheint es mir ganz wichtig, diesen Teil unsere Familiengeschichten nicht zu verstecken oder gar zu verleugnen. Als Ermahnung für heutige Zeiten und aus Respekt vor den Opfern.